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Judentum

Stammes- und Religionszugehörigkeit


Man muss zwischen Religionszugehörigkeit und Stamm- oder Familienzugehörigkeit des Neugeborenen unterscheiden. Der eigentliche Unterschied steht nur zur Debatte, wenn der Neugeborene aus einer, nach jüdischen Gesetz ungesetzlichen Ehe hervorgeht (wie z.B. aus einer verbotenen Ehe, ein uneheliches Kind u.ä.), während über einen Neugeborenen aus einer jüdischen, religionsgesetzlichen Ehe eigentlich klar ist, dass er jüdisch ist und dass die Stammes- oder Familienzugehörigkeit nach dem Vater geht, wie aus der biblischen Familiengeschichte der Israeliten (im 1.Moses) hervorgeht In den Familien-Erzählungen des 1 Buches Moses sind die Beziehung zwischen Mutter und Stamm ein wichtiger Faktor, besonders in der Erzählung über den Verkaufs Josephs durch seine Brüder (1.Moses 37,2). Aber nach der Periode der Erzväter ist in der Bibel nicht mehr über den Unterschied, der von der Stammesmutter abhängt, die Rede.
Ursprünglich war das Volk Israel in 12 Stämme eingeteilt, entsprechend den 12 Söhnen des letzten Erzvaters Jakob. Dem Toragebot entsprechend sollten die Kinder Israels in der Wüste nach „jeglicher Familie und dem dazugehörigen Vaterhaus“ gemustert werden (4.Moses), und so lagerten sie in der Wüste nach Familie und Vaterhaus (4. Moses). Nach der Wüstenwanderung und der Niederlassung im Lande Kena`an erhielten 11 dieser Stämme ihren Sitz in zugeteilten, vererblichen Teilen des Landes Israel, und aus dieser Sicht war die Stammes- oder Familenzugehörigkeit ein wichtiger Faktor.
Nur der Levitenstamm hatte keinen eigenen Landesbesitz. Sie waren die Diener Gottes, die Tempelhüter. Aus dem Stamm Levi gingen die Familien der Priester, der Kohanim hervor; diese beziehen sich bis heute auf die Familie des ersten Hohenpriesters, Aharon (Bruder von Moses). Die Priester waren die Lehrer des Volkes und ihre Gesetzesausleger. Die Leviten waren den Aharoniden unterstellt. Die Kohanim sind bis heute beschränkten Heiratsgesetzen unterlegen, z.B. dürfen sie keine geschiedene Frau heiraten, aber sie konnten sich eine Frau aus jedem Stamm auswählen, denn die Zugehörigkeit der Söhne zum Priesterstamm war durch die Zugehörigkeit des Priestervaters bestimmt.
So war eine Art Hierarchie entstanden: Priester, Leviten, alle übrigen Stämme, letztere zusammengefasst unter dem Begriff Israel. Seit der Zerstörung des zweiten Tempels, dem Untergang der 10 Stämme und der Zerstreuung Israels unter den Völkern ist diese Hierarchie nur noch in wenigen, religiösen Handlungen massgebend. Am deutlichsten kommt das zum Ausdruck bei den *Toravorlesungen. Als erster wird einer aus dem Priesterstamm, ein Kohen aufgerufen, als zweiter ein Levite und dann erst als dritter, vierter u.s.w. ein sogn. Israel. (Die häufigen jüdischen Nachnamen Cohn und Levy, bezeugen die Abstammung, also die Zugehörigkeit zu Stamm und Familie).
Die Bestimmung der Zugehörigkeit wird erst problematisch , wenn von einem Neugeborenen die Rede ist, der aus einer nach jüdischer Auffassung ungesetzlichen Ehe hervorgegangen ist: Dann stellt sich als erstes die Frage der Zugehörigkeit des Säuglings zum Judentum, zum jüdischen Volk. Diese wird ganz eindeutig nach der Mutter bestimmt (*Mischna Kiduschin 3,12) mit der Begründung, dass die Mutter ihr Neugeborenes glaubwürdig als ihr eignes Kind bezeugen kann (Kidduschin 4,3). Das gilt für Kinder aus ungesetzlichen Ehen, in denen allen Möglichkeiten Rechnung getragen wird. Die *Mischna definiert 10 solcher Fälle,  wie z.B.: der Schtuki, der Schweigende (wenn er über seinen Vater gefragt wird), da er seinen Vater nicht kennt, oder den Assufi, den Findling, der weder Vater noch Mutter kennt.
Wir möchten aber an dieser Stelle noch einmal betonen, dass die Jüdischkeit oder das Judesein immer nach der Religionszugehörigkeit der Mutter bestimmt wird, während die ursprüngliche Famienabstammung ihre Bedeutung hauptsächlich in Bezug auf die Kohanim (die Priester) bis heute wichtig ist, und in Bezug auf die Leviten nur eine äusserst geringfügige Rolle spielt. Familien-Abstammung (im diesem Ausdruck ist das Wort Stamm enthalten) richtet sich nach dem Vater.
In Bezug auf die Familie beziehen sich die Söhne nicht auf die Mutter, sondern gehen  nach dem Vater. Daraus kann man schließen, dass die Stammesherkunft der Mutter heute keine gewichtige Rolle mehr spielt. In dieser Beziehung ist die jüdische Norm der allgemeinen angeglichen: Die Söhne tragen von Geburt an bis zu ihrem Lebensende den Familiennamen des Vaters, während die Töchter mir ihrer Heirat normalerweise den Familiennamen des Mannes annehmen, und den des Vaters aufgeben.
Fäkultat für Jüdische Studien הפקולטה למדעי היהדות Bar Ilan Universität, Ramat Gan, Israel אוניברסיטת בר אילן