Joseph Carlebach Institut
Startseite
ICS Site Building
Suche  Erweiterte Suche
Startseite   Judentum Jüdische Feste Festtagsbestimmungen
Judentum

Festtagsbestimmungen


Allgemeine religionsgesetzliche Bestimmungen an von der Tora festgesetzten Feiertagen
 
 
Anfang und Ende
  Wie jeder jüdische Tag, fängt auch ein Feiertag am Abend an und geht am nächsten Abend zu Ende, denn die *Tora läßt den Tag mit dem Abend beginnen: "Und es ward Abend, und es ward Morgen, ein Tag" (Gen. 1,5).
 
Kerzenanzünden
  Wie zum Schabbat, zündet die Frau des Hauses auch bei Anbruch des Feiertages zwei Kerzen an. Die lichtspendenden Kerzen gelten als Ausdruck des "häuslichen Friedens" ("Schlom Bajit").
 
Mussaf (Zusatzgebet)
  An Schabbat, Neumond sowie an allen von der Tora festgesetzten Feiertagen wird neben den vorgeschriebenen drei Tagesgebeten ein weiteres Gebet, das sog. Mussaf-Gebet (Zusatzgebet), gesprochen. Die Zentralpassage dieses Gebetes nimmt auf den jeweiligen Festtag Bezug.
 
Festmahlzeiten
  An einem Feiertag sollen zwei Festmahlzeiten eingenommen werden, eine am Abend und eine am Tag. Die Tatsache, daß eine Mahlzeit ein Gebot sein kann, ein Mensch, der eine Mahlzeit genießt, mithin ein Gebot erfüllt, ist charakteristisch für das Judentum. Genuß, wenn zur richtigen Zeit und am richtigen Ort, kann nicht nur erlaubt oder empfohlen, sondern sogar geboten und somit auch verdienstvoll sein.
 
 
Kidusch (Heiligung)
  Vor jeder der beiden Festmahlzeiten wird über einem vollen Weinbecher ein Kidusch (wörtl. "Heiligung") gesprochen. Durch den Kidusch wird der Festtag geheiligt, indem ihm seine besondere Bestimmung zugewiesen wird, durch die er sich von anderen Tagen abhebt. Der Kidusch besteht neben einer Anzahl von Toraversen aus einem oder mehreren *Segenssprüchen. Es ist *halachische Vorschrift, daß der Kidusch dort gesprochen wird, wo man die Mahlzeit einnimmt. Somit wird die Heiligung mitten in die materielle Existenz des Menschen hineingestellt, denn nur so kann sie sich allumfassend entfal ten.
 
Werkverbot
  Es gilt dasgleiche Werkverbot wie am *Schabbat mit gewissen Erleichterungen beim Kochen und Feueranzünden. Die durch das Werkverbot erzielte, allenthalben spürbare Beschränkung des menschlichen Betätigungsfeldes trägt wesentlich zum Heiligkeitscharakter des Festtages bei.
 
Festtagsfreude
  Die Festtagsfreude ist ein von der Tora wiederholt hervorgehobener unverzichtbarer Bestandteil aller Festtage. Wie alles im Judentum, wird auch sie in konkrete Formen gegossen durch festliche Kleidung und reichliche Mahlzeiten. Die Mutter und Hausfrau, auf deren Schultern meist die Hauptlast der Festtagsvorbereitungen liegt, soll durch ein passendes Geschenk erfreut werden.
 
Der zweite Festtag der Diaspora
(Jom Tow Scheni schel Galujot)
  Jeder von der *Tora festgesetzte Feiertag mit der Ausnahme von Jom Kippur wird außerhalb Israels zwei Tage lang begangen. Diese Regelung beruht auf einer *rabbinischen Verfügung, mit der das Problem einer möglichen falschen Datierung eines Festes in der *Diaspora gelöst wurde.
Die traditionelle jüdische Prozedur zur Neumondbestimmung stützte sich in *talmudischer Zeit nicht nur auf astronomische Berechnungen, sondern aus *religionsgesetzlichen Gründen auch auf Augenzeugen, die den Neumond gesehen haben. Deren Aussage wurde von der obersten Gerichtsinstanz im Lande Israel - die allein zur Neumondbestimmung authorisiert war - entgegengenommen und nach den üblichen Regeln eines Zeugenverhörs überprüft. Wurde sie angenommen, erklärte das Gericht den betreffenden Tag zum Monatsanfang. Wurde sie für unglaubwürdig befunden, haben sich die Augenzeugen verspätet oder sind sie gar erst überhaupt nicht eingetroffen, so wurde erst der nächste Tag zum Monatsanfang proklamiert. Somit wurde dem Menschen ein gewisses Mitbestimmungsrecht über den religionsgesetzlich gültigen Monatsanfang - und somit auch über die davon abhängigen Festtagsdaten (siehe *hebräischer Kalender) - eingeräumt.
Die Gefahr einer "falschen Datierung" eines Festes in der Diaspora war immer dann gegeben, wenn dort die Nachricht von der Neumondbestimmung nicht rechtzeitig eintraf und die dortigen Juden daher keine Gewißheit über das genaue Monatsdatum hatten. Der in der Diaspora einzuhaltende Doppelfeiertag sollte diesen möglichen Irrtumsfaktor gewissermaßen "neutralisieren", indem dort automatisch beide in Frage kommenden Tage - je nachdem, ob der Vormonat 29 oder 30 Tage hatte - als Festtage eingehalten wurden.
Die Augenzeugenregelung wurde schon zur Zeit der *Amoräer - als sich der dafür einzig zuständige zentrale Gerichtshof im Lande Israel unter dem Druck der Verhältnisse aufzulösen begann - notgedrungen zugunsten einer rein rechnerischen Kalenderberechnung außer Kraft gesetzt. Diese wurde in der Folge der gesamten jüdischen Welt zugänglich gemacht.
Der "zweite Festtag der Diaspora" ("Jom Tow Scheni schel Galujot") - nach der Ausschaltung der Möglichkeit eines Irrtums in der Diaspora eigentlich überflüssig - wurde dennoch weiter beibehalten: als Erinnerung und Hinweis auf das grundsätzliche menschliche Mitbestimmungsrecht bei der Festlegung der Neumonde und der jüdischen Feiertage.
Fäkultat für Jüdische Studien הפקולטה למדעי היהדות Bar Ilan Universität, Ramat Gan, Israel אוניברסיטת בר אילן