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Judentum

Schoa


(hebr. Katastrophe)
 
Seit öffentlich bekannt wurde, was in der NS-Zeit, und insbesondere während des Zweiten Weltkrieges Deutsche und ihre "Mithelfer" an den Juden verübten, rang man um eine sprachliche Bezeichnung für dieses unvorstellbare Verbrechen.
Auf Hebräisch setzte sich dafür die Bezeichnung "Schoa" durch. Sie wurde bereits im Jahre 1940 in einer im damaligen englischen Mandatsgebiet Palästina erschienenen hebräischen Schrift über die "Katastrophe der Juden Polens" gebraucht, obwohl diese "Katastrophe" (Schoa) damals noch nicht ihr volles Ausmaß erreicht hatte. Bereits im November 1942 kam der Begriff "Schoa" in einer offiziellen Erklärung der für die jüdischen Belange in Palästina zuständigen Jewish Agency zur Lage der Juden im besetzten Europa vor (Enzyklopädie des Holocaust). Manche benutzten in diesem Zusammenhang jedoch die Bezeichnung "Churban", "Zerstörung", die in der jüdischen Tradition im Hinblick auf die Zerstörung des Ersten sowie des Zweiten Tempels verwendet wird. Nach der Staatsgründung Israels und insbesondere nach der offiziellen Einführung des "Jom HaSchoa", des "Schoa"-Gedenktages im Jahre 1951, hat sich in Israel endgültig der Begriff "Schoa" durchgesetzt (Fem., Betonung auf dem "a").
Ursprünglich ist "Schoa" ein Begriff aus der hebräischen Bibel, der dort insgesamt dreizehn Mal vorkommt, insbesondere in Jesaja (10,3 und 47,11), den Psalmen (35,8; 35,17; 63,10) und Hiob (30,3; 30,14; 38,27). Er hat dort je nach Zusammenhang die Bedeutung von "Katastrophe", "Vernichtung", "Unheil", "Zerstörung", "Verderben", "Öde". Im heutigen Sprachgebrauch wird das Wort ausschließlich im Hinblick auf das Schicksal der Juden innerhalb des von Deutschland im Zweiten Weltkrieg beherrschten Machtbereichs verwendet. Diese Bedeutung kommt der in Jesaja am nächsten, so dass wir hier diese Verse in deutscher Übersetzung (von Leopold Zunz) zitieren wollen:
Jesaja 10,3: "Was werdet ihr tun am Tage der Ahndung und wenn Verderben (Schoa) von fern her kommt? Zu wem werdet ihr flüchten um Beistand, und wo werdet ihr lassen eure Herrlichkeit?"
Jesaja 47,11: "So soll über dich Unheil kommen, das du nicht zu beschwichtigen weißt, und ein Unglück über dich fallen, das du nicht sühnen kannst, und plötzlich kommt Verderben (Schoa) über dich, ungeahnt".
Auch im Englischen kam unter dem Eindruck des Geschehenen eine erst durch die Nürnberger Nachfolgeprozesse (Kriegsverbrecher-prozesse) allgemeine Verbreitung findende Bezeichnung in Umlauf: Genocide, d.h. Genozid bzw. Völkermord. Seit Anfang der siebziger Jahre hat sich für den spezifischen Genozid an den Juden in englischsprachigen Ländern der Begriff "Holocaust" eingebürgert, der ursprünglich "Ganzopfer" bedeutet, d.h. ein Opfertier bezeichnet, das bei einem religiösen Kult ganz auf dem Altar verbrannt wird. An diesem Begriff und noch mehr an seiner späteren Übernahme auch in Deutschland (nach der Ausstrahlung der amerikanischen Fernsehserie "Holocaust" im deutschen Fernsehen im Jahre 1979) manifestiert sich im Grunde die Ratlosigkeit, ein geschichtlich einmaliges Phänomen sprachlich zu fassen: das ideologisch untermauerte, staatlich organisierte und von breiten Schichten des deutschen Volkes mitgetragene Unternehmen der sog. "Endlösung der Judenfrage" - des Versuchs, das gesamte jüdische Volk von der Erdoberfläche verschwinden zu lassen.

Fäkultat für Jüdische Studien הפקולטה למדעי היהדות Bar Ilan Universität, Ramat Gan, Israel אוניברסיטת בר אילן